May 1, 2025

Koevolution im Arbeitsleben: Warum du dein Umfeld selbst gestalten musst

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In den Hochebenen Nordamerikas war die Bestäubung von Blüten ein Problem, denn Insekten waren dort rar. Also begannen einige Pflanzen, mehr Nektar zu produzieren, um fliegende Wirbeltiere wie die Vorfahren der Kolibris anzulocken. Über viele Generationen entstand eine wechselseitige Beziehung. Die Pflanzen erhielten zuverlässige Bestäuber, die Kolibris eine zuverlässige Energiequelle. Beide Seiten passten sich einander an. Dieses Prinzip der Koevolution lässt sich auch auf die Arbeitswelt übertragen.

Denn Unternehmen können sich nicht weiterentwickeln, wenn sich die Menschen darin nicht mitentwickeln. Und Mitarbeitende entfalten ihr Potenzial nur dann, wenn ihre Umgebung sie dazu befähigt.

Investieren statt warten: Warum Beziehungen wachsen müssen

Pflanzen, die auf Kolibris angewiesen sind, investieren mehr in Nektar. Im Gegenzug erhalten sie eine höhere Bestäubungssicherheit. Übertragen auf Organisationen bedeutet das: Warte nicht, bis du den perfekten Kollegen oder die perfekte Führungskraft findest. Entwickle Menschen. Investiere in sie. Schaffe Bedingungen, unter denen sie wachsen können.

Diese Haltung kostet Ressourcen, ja, aber sie zahlt sich aus. Mitarbeitende, die Wertschätzung erfahren, bringen sich mehr ein, identifizieren sich stärker mit der Vision und tragen aktiver zum Erfolg bei. Organisationen, die wachsen wollen, müssen zunächst wachsen lassen.

Social Engineering: Dein Umfeld prägt dich

Der Begriff Social Engineering wird oft mit Manipulation in Verbindung gebracht. Doch was, wenn wir ihn umdeuten? In diesem Beitrag steht Social Engineering für bewusste Gestaltung der eigenen sozialen Umgebung.

Wer inspiriert dich? Wer fördert dich? Und wer bremst dich aus?

Menschen sind hochgradig anpassungsfähig. Das zeigt auch die Neuroplastizität des Gehirns: Neue Denkmuster entstehen dann, wenn wir neue Reize erfahren. Wer sich immer im gleichen Umfeld bewegt, bleibt im gleichen Denkrahmen. Deshalb gilt: Gestalte dein Umfeld aktiv. Umgib dich mit Menschen, die dich wachsen lassen, statt dich kleinzuhalten. Entferne, was nicht förderlich ist.

Veränderung braucht Wiederholung, nicht Perfektion

Viele glauben, Veränderung müsse plötzlich und radikal geschehen. Doch wie bei der neuronalen Reorganisation braucht es Wiederholung, Kontext und Geduld. Die meisten Veränderungsprozesse scheitern nicht an der Idee, sondern an mangelnder Ausdauer.

Veränderung widerspricht der Routine, aber sie schließt sie nicht aus. Sie verlangt, dass wir unsere Routinen überdenken, anpassen und flexibel weiterentwickeln.

Im unternehmerischen Kontext heißt das: Gib Teams Zeit und Struktur, um sich an neue Prozesse zu gewöhnen. Erwarte nicht sofort Effizienz, sondern begleite die Veränderung aktiv. Das bedeutet auch, dass Fehler zugelassen und reflektiert werden dürfen. Wer Sicherheit gibt, ermöglicht Entwicklung.

Unternehmen und Menschen entwickeln sich gemeinsam

Koevolution bedeutet, dass sich beide Seiten verändern und voneinander profitieren. In Unternehmen zeigt sich das im Zusammenspiel zwischen Führung, Kultur und individueller Entwicklung. Eine Organisation, die Weiterentwicklung fordert, muss sie auch fördern.

Wenn ein Unternehmen von Innovationsgeist spricht, aber keine Räume für Experimente lässt, entsteht Stillstand. Dann fehlt der Nektar, den die Kolibris suchen. Umgekehrt: Wenn Mitarbeitende immer nur konsumieren, aber nichts zurückgeben, funktioniert auch die Partnerschaft nicht.

Wachstum ist Beziehung, nicht Einbahnstraße.

Praktische Impulse für deinen Alltag

  • Investiere bewusst in Menschen, die dich inspirieren und fördern
  • Reflektiere regelmäßig dein Umfeld, beruflich wie privat
  • Identifiziere Routinen, die dich bremsen und entwickle neue Muster
  • Lass dich auf Ungewohntes ein, auch wenn es zuerst schwerfällt
  • Verstehe Führung als Gärtnerrolle, nicht als Kontrolle
  • Gestalte Kultur aktiv, statt sie als gegeben zu akzeptieren

Fazit: Gestalte dein Umfeld, bevor es dich formt

Der Mensch ist das anpassungsfähigste Lebewesen auf diesem Planeten. Das macht ihn stark, aber auch anfällig. Denn wer sich seiner Umgebung nicht bewusst ist, wird von ihr geprägt, ohne es zu merken.

Die Geschichte von Kolibris und Hochlandpflanzen zeigt: Entwicklung braucht mehr als Funktion. Sie braucht Beziehung, Geduld und eine klare Entscheidung für Wachstum.

Und genau das ist auch in Unternehmen entscheidend. Wer ein inspirierendes Umfeld schafft, gestaltet nicht nur seine eigene Zukunft, sondern trägt aktiv zur Weiterentwicklung seines gesamten Systems bei.

1. Edmondson, A. (2019). The Fearless Organization: Creating Psychological Safety in the Workplace for Learning, Innovation, and Growth. Wiley. 2. Doidge, N. (2007). The Brain That Changes Itself: Stories of Personal Triumph from the Frontiers of Brain Science. Viking. 3. Gallup (2022). State of the Global Workplace Report. 4. Baumeister, R. F., & Leary, M. R. (1995). The need to belong: Desire for interpersonal attachments as a fundamental human motivation. Psychological Bulletin. 5. Harvard Business Review (2019). How to Build a Culture of Originality and Innovation.